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Die Physiologie der Wechseljahre

MedPort - Thema des Monats - Wechseljahre - Die Physiologie der Wechseljahre
 
  
 
 

Zentrale Rolle der Östrogene

Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Herzrasen, Schlafstörungen und depressive Verstimmungen sind Befindlichkeitsstörungen, die von den meisten eindeutig als Symptome der Wechseljahre erkannt werden. Vermutlich jede Frau hat von diesen Symptomen gehört, viele fürchten sie und die wenigsten wissen, was auf sie zukommt und was genau in dieser Lebensphase im Körper passiert.

Die Wechseljahre, die Mediziner auch als Klimakterium (griechisch klimakter – kritischer Punkt im menschlichen Leben) bezeichnen, werden durch eine verminderte Produktion von Hormonen in den Eierstöcken hervorgerufen. Sie sind daher auch als Übergangsphase im Leben einer Frau zu verstehen, die einsetzt sobald die Monatsblutungen unregelmäßig werden und/oder die ersten Hitzewallungen auftreten. Die Veränderung der Hormonproduktion beginnt etwa mit dem 45. und erstreckt sich bis zum 55. Lebensjahr, wobei diese Zeitspanne von Frau zu Frau verschieden ist. Das Klimakterium ist beendet, wenn sich der Hormonhaushalt vollständig umgestellt hat.

In der befruchtungsfähigen Zeit unterliegt der weibliche Körper regelmäßigen Menstruationszyklen, die hormonell gesteuert sind und aus zwei Phasen bestehen. In der ersten Phase, der sogenannten Follikelreifungsphase werden unter dem Einfluss von dem Follikel-stimulierenden Hormon (FSH) vorwiegend Östrogene gebildet, die Gebärmutterschleimhaut wird aufgebaut und ein befruchtungsfähiges Ei wächst heran. Etwa in der Mitte des Zyklus ist der Follikel gereift. Es kommt zu einer drastischen Ausschüttung des sogenannten luteinisierenden Hormons (LH), das den Eisprung verursacht. Die zweite Phase, auch Luteal-, Corpus-luteum-Phase oder Gelbkörperphase genannt, ist durch die zunehmende Ausschüttung des körpereigenen Gestagens, Progesteron, und die weitere Östrogenbildung gekennzeichnet.

In dieser Phase wird die Gebärmutterschleimhaut auf die Aufnahme des befruchteten Eies vorbereitet. Wird das Ei nicht befruchtet, bildet sich der Gelbkörper zurück, die Hormonproduktion sinkt, die Schleimhaut baut sich ab und es kommt zur Monatsblutung.

Hormonelle Umstellung in mehreren Phasen

Verantwortlich für den Eintritt des Klimakteriums ist eine Funktionsänderung der Eierstöcke. Im Verlauf mehrerer Jahre stellen die Ovarien ihre Funktion ein und die Konzentration der Hormone im Blut ändert sich: Zunächst bleibt der Eisprung aus, wodurc es nicht mehr zur Progesteronbildung kommt. Im weiteren Verlauf klingt auch die Östrogenproduktion ab, bis sie ganz versiegt.

Die letzte Monatsblutung wird als Menopause bezeichnet. Sie tritt im allgemeinen zwischen dem 48. und 52. Lebensjahr ein. Vor dieser Zeit – der Prämenopause – werden die Zyklen immer unregelmäßiger. Die Phase um die Menopause, in etwa der Zeitraum vom Auftreten der ersten Symptome, wie Zyklusunregelmäßigkeiten und Hitzewallungen, bis ein Jahr nach der Menopause, wird als Perimenopause bezeichnet. Daran schließt sich die Postmenopause an, die den Zeitraum bis zum Ende der hormonellen Umstellung umfasst. Diese Phase dauert in etwa zehn bis fünfzehn Jahre. Die Wechseljahre setzen in sehr unterschiedlichem Alter ein. Das Alter, in dem die letzte Regelblutung eintritt, ist offenbar genetisch festgelegt. Jedoch scheinen einige äußere Faktoren den Zeitpunkt der Menopause verschieben zu können. So tritt die Menopause bei Raucherinnen im Mittel fünf Jahre früher ein als bei Nichtraucherinnen. Auch kommen Frauen, die keine Kinder geboren haben und Frauen mit Untergewicht im allgemeinen früher ins Klimakterium.

 

Östrogenmangel – wichtigste Ursache klimakterischer Beschwerden

Da die Geschlechtshormone nicht nur an dem Menstruationszyklus beteiligt sind, sondern in hohem Maße weitere Körperfunktionen beeinflussen, kommt es während des Klimakteriums zu den sehr unterschiedlichen vegetativen Störungen. Typische Anzeichen sind Hitzewallungen, Schweißausbrüche und das Auftreten von Schwindel. Diese Beschwerden werden häufig auch unter dem Begriff "Klimakterisches Syndrom" zusammengefasst. Von den Hitzewallungen sind während des Klimakteriums beispielsweise etwa 80 Prozent der Frauen betroffen. Grund für diese und andere häufige Körperreaktionen wie Schlafstörungen, Ohrensausen, Kopfschmerzen, Migräne und Herzrasen ist der Östrogenmangel. Dieser führt auch zu einer Abnahme der Elastizität, der Durchblutung und des Feuchtigkeitsgehaltes der Haut sowie zu trockenen Schleimhäuten an Augen, Mund und Nase. Ebenso verändert der Östrogenmangel im Verlauf des Klimakteriums das Scheidenmilieu. Die Scheidenschleimhaut wird trockener und es kann zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr kommen. Zudem kann ein vermehrter Ausfluss auftreten. Der Selbstreinigungsmechanismus der Scheide verringert sich, da der saure pH-Wert zum neutralen oder alkalischen Bereich hin verschoben wird. Dadurch werden Scheidenentzündungen häufiger. Die Harnwege sind ebenfalls betroffen. Es kommt zu Beschwerden beim Wasserlassen und zu unkontrolliertem Harnabgang (Harninkontinenz).

Der Östrogenmangel hat offensichtlich nicht nur physische Reaktionen zur Folge. Einige Frauen klagen über depressive Verstimmungen, Unkonzentriertheit und erhöhte Nervosität.

Gravierende Spätfolgen

Der Östrogenmangel schlägt sich nicht nur in unmittelbaren Beschwerden während des Klimakteriums nieder, auch mit Spätfolgen muss gerechnet werden. Besonders gravierend ist hier die Osteoporose (Knochenschwund), zumal deren Auswirkungen in der Regel erst geraume Zeit nach den Wechseljahren festzustellen sind.

Die Ursache: Bedingt durch das Absinken des Östrogen-Spiegels wird nach der Menopause nicht mehr so viel Knochen aufgebaut wie abgebaut, es kommt zu einer Verringerung der Knochenmasse. Ein Verlust von einem Prozent pro Jahr gilt als physiologisch. Bei etwa einem Drittel aller Frauen kommt es jedoch zu einem Knochenmasseverlust von bis zu fünf Prozent pro Jahr, was zur Entstehung der Osteoporose führen kann. Die Weltgesundheitsorganisation bezeichnet die Osteoporose als eine der zehn wichtigsten Erkrankungen weltweit. In Deutschland sind schätzungsweise fünf bis sieben Millionen Menschen betroffen und davon sind etwa 80 Prozent Frauen. 85.000 dieser Frauen erleiden jährlich einen Schenkelhalsbruch, jede fünfte davon stirbt an den Folgen und 20 Prozent sind für den Rest ihres Lebens auf Pflege angewiesen.

Die hormonellen Veränderungen haben zudem einen ungünstigen Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System. Mit der Abnahme der Östrogenproduktion kommt es zu einem Anstieg der Low-Density-Lipoproteine (Lipoproteine mit niedriger Dichte, LDL) im Blut, welche die Arteriosklerose, die Verkalkung der Blutgefäße, begünstigen. Dagegen nehmen die High-Density-Lipoproteine (Lipoproteine mit hoher Dichte, LDL), die der Arteriosklerose vorbeugen, ab. Auch das Cholesterin nimmt bei Abnahme der Östrogenspiegel zu. Während Frauen vor den Wechseljahren ein weitaus geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben als gleichaltrige Männer, ist es nach den Wechseljahren gleich hoch.

In der Wissenschaft wird im Zusammenhang mit sinkenden Östrogenspiegeln auch das Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter diskutiert. Es wird vermutet, dass der Östrogenmangel auch bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit eine Rolle spielt.