Statement des Vorsitzenden des Kuratoriums der Stiftung "Der herzkranke Diabetiker",

Prof. Dr. med. Diethelm Tschöpe,

Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Diabetes mellitus, insbesondere der Typ 2-Diabetes, und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören weit enger zusammen, als dies gemeinhin angenommen wird. Einige Zahlen sollen dies im Folgenden verdeutlichen: Mehr als 75 % aller Patienten mit Diabetes sterben am Herzinfarkt oder Schlaganfall. Im Gegensatz zur nichtdiabetischen Bevölkerung besteht diese Besorgnis erregende Situation nahezu unverändert fort. Für Frauen scheint sich die Lage derzeit sogar noch zu verschlechtern. Umgekehrt haben neuere Forschungen aus Tübingen ergeben, dass bei fast 90 % aller Infarktpatienten ein Zusammenhang mit einer chronischen Zuckerstoffwechselstörung gesehen werden muss. Diese Daten und ihre Bedeutung für die Kardiologie haben für großes Aufsehen gesorgt und man muss dabei berücksichtigen, dass auch Vorstufen des Diabetes in die Ursachenforschung der Infarkte eingeflossen sind. Dies macht aber um so deutlicher, dass bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen gezielt nach einer zugrunde liegenden Zuckerstoffwechselstörung gefahndet werden muss, und sei es nur, dass ein erhöhtes familiäres Risiko für Diabetes mellitus vorliegt. Denn wir wissen heute, dass der Typ 2-Diabetes eine hohe vererbliche Komponente hat und dass jeder Typ 2-Diabetiker nicht nur sich selber, sondern auch sine Kinder und Enkel als Hochrisikopersonen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Auge behalten sollte. Würden wir heute schon Typ 2-Diabetiker und auch ihre Nachkommen von vornherein als potentielle Herz- und Gefäßpatienten betrachten und auch behandeln, kämen wir der tatsächlichen Sachlage einen wesentlichen Schritt näher und könnten der wachsenden Zahl von später ernsthaft Erkrankten wirksam begegnen.

Die Realität sieht heute aber leider ganz anders aus: Nur etwa 20 % aller manifesten Diabetiker werden von ihrem behandelnden Arzt auf ihr drohendes Infarktrisiko hin angesprochen. Dies zeigt ganz klar die herausragende Rolle des aufgeklärten, gut informierten und selbstbewussten Patienten. Er muss sein Schicksal selbst in die eigene Hand nehmen und den Arzt auf sein Risiko hinweisen.

Diabetes ist ein unabhängiger Risikofaktor für Gefäßereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall, aber meistens sind weitere typische Risikofaktoren wie Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck (Hypertonie) und Übergewicht vorhanden. Zusätzlich besteht häufig ein vielschichtier genetischer Hintergrund, der eine erhöhte Anfälligkeit dieser Patienten für Herzinfarkt und Schlaganfall begründet. Letztlich kommt es zu einer beschleunigten Entwicklung einer besonders schlimmen Veränderung der Blutgefäßwände durch schädigende An- und Einlagerungen, die sich mit einer beschleunigten Gerinnungsneigung kombiniert. Diese Mechanismen scheinen auch für den schlechteren Erfolg solcher Maßnahmen verantwortlich zu sein, mit deren Hilfe man versucht, verschlossene Blutgefäße wieder durchgängig zu machen, wie z. B. Ballonkatheterdehnung oder Gefäß-Bypass.

Eine alleinige Blutzuckernormalisierung kann all diese Veränderungen nicht neutralisieren. Neben Allgemeinmaßnahmen, die auf eine gesunde Lebensführung mit ausgewogener, fett- und zuckerarmer und ballaststoffreicher Ernährung und ausreichend körperlicher Bewegung hinwirken, müssen sich Blutdruck senkende, gerinnungshemmende und den Fettstoffwechsel normalisierende Maßnahmen an den individuellen Bedürfnissen des betroffenen Patienten ausrichten.

Die Stiftung "Der herzkranke Diabetiker" in der Deutschen Diabetesstiftung gründet sich auf die o.g. ernüchternde Erkenntnis, dass Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen die dominante Ursache für die erhöhte Sterblichkeit, insbesondere jedoch auch der wichtigste Einflussfaktor für die Lebensqualität von Diabetikern sind. Dabei geht der Gründungsgedanke der Stiftung "Der herzkranke Diabetiker" davon aus, dass ein offensichtliches Informationsdefizit auf Seiten der betroffenen Patienten, der behandelnden Ärzte und der thematisch orientierten Forschung besteht, das wesentlich zu der geschilderten, unverändert dramatischen Situation beiträgt. Eine Verbesserung der medizinischen Versorgungslage der Diabetespatienten im Sinne der St.-Vincent-Deklaration, die eine Halbierung der Zahl der diabetesbedingten Fußamputationen und eine deutliche Verringerung der durch Mangeldurchblutung bedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie des dialysepflichtigem Nierenversagens fordert, kann nur durch intensive Information/ Aufklärung und Anleitung zu früher Erkennung und vorbeugender Behandlung erreicht werden. Die Stiftung "Der herzkranke Diabetiker" in der Deutschen Diabetesstiftung unterstützt daher als fachgruppenübergreifendes Forum Forschungsvorhaben, therapiebegleitende Maßnahmen sowie Aufklärung und Laienarbeit, um damt dem übergeordneten Ziel zu dienen, die überbordende Belastung der Diabetespatienten durch Erkrankungen des Herz-Kreislauf- bzw. Gefäßsystems zu vermindern und zu verhindern.

Kontakt: www.stiftung-dhd.de

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