Eine jahrelang schleichende Entzündung scheint Gefäß- und Stoffwechselerkrankungen voranzugehen
Eine jahrelang schleichende Entzündung scheint Gefäß- und Stoffwechselerkrankungen voranzugehen
Typ 2-Diabetes und Herz- und Gefäßkrankheiten haben wahrscheinlich einen gemeinsamen Ursprung in einer chronischen, subklinischen Entzündung. Dies legen neueste Forschungsergebnisse von Univ.-Doz. Dr. med. Andreas Festa, Oberarzt an der Krankenanstalt Rudolfstiftung, Wien, nahe. Festa ist für seine herausragenden Arbeiten von der Stiftung "Der herzkranke Diabetiker" (DHD) am 08. Dezember 2001 im Rahmen des I. Symposiums der Stiftung in Berlin mit dem "Förderpreis für die Herz-Kreislauf- und Gefäßforschung bei Diabetikern" ausgezeichnet worden. Das Preisgeld in Höhe von 20.000,- DM ist – wie bereits im Vorjahr – von Aventis Pharma Deutschland unabhängig zur Verfügung gestellt worden als Zeichen der besonderen Wertschätzung der Stiftung DHD.
Während vor kurzem bekannt geworden ist, dass Atherosklerose mit einer chronischen, subklinischen Entzündung in Zusammenhang steht, konnte Festa jetzt zeigen, dass erhöhte Serumkonzentrationen von Entzündungsproteinen auch der Entwicklung eines Typ 2-Diabetes um Jahre vorausgehen. Die Untersuchungen bilden damit wahrscheinlich den Schlüssel für die bislang offene Frage, wie die häufig gemeinsam auftretenden Krankheitsbilder Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Störungen des Zuckerstoffwechsels, Übergewicht und Störungen der Blutgerinnung miteinander zusammenhängen.
Normalerweise werden Entzündungsproteine, insbesondere das klassische Akut-Phase-Protein "C-reaktives Protein" (CRP), bei akuten Entzündungen, aber auch bei Verletzungen und Verbrennungen oder bei Operationen in der Leber produziert und in die Blutbahn freigesetzt. Das CRP setzt eine ganze Kaskade von Abwehrmechanismen des Immunsystems in Gang. "Ein Abfall dieser Proteine zeigt den Genesungsvorgang an," erläutert Festa.
Ganz anders scheint es sich bei den chronischen Stoffwechselerkrankungen sowie bei krankhaften Veränderungen an den Blutgefäßen zu verhalten. Hier konnte Festa feststellen, dass sich der Entzündungsmarker CRP zwar noch im Normbereich bewegt und deshalb klinisch keine akute Bedeutung hat. Aber das langfristige Verharren des Entzündungsmarkers in oberen grenzwertigen Regionen scheint ebenfalls eine Kaskade von Entzündungsvorgängen und weitere Fehlsteuerungen in Gang zu setzen. Dazu gehören laut Festa eine Aktivierung des Komplementsystems (das an Mechanismen des Immunsystems und der Blutgefäße beteiligt ist), eine Erhöhung der Blutklebrigkeit, eine Verstärkung der Gerinnungsneigung des Blutes und eine Förderung der Aggressivität der "schlechten" Blutfette. Diese Faktoren seien alle an der Entstehung krankhafter Veränderungen der Gefäßinnenwände, der Atherosklerose, beteiligt.
Für einen generellen Einsatz der CRP-Bestimmung in der täglichen Praxis ist es laut Festa derzeit noch zu früh. "Ich bin aber überzeugt, dass der Tag kommen wird." Schon jetzt sei nämlich klar, dass bestimmte Medikamente, die in der Pimär- oder Sekundärprävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt werden, besonders gut wirksam sind bei Personen mit hohen CRP-Spiegeln. Und dazu gehören eben auch Typ 2-Diabetiker. So konnte gezeigt werden, dass bei Männern mit hohen CRP-Spiegeln die präventive Wirkung von Aspirin hinsichtlich Herzinfarkt stärker ausgeprägt war als bei niedrigem Ausgangs-CRP. Dies weist darauf hin, so Festa, dass für Aspirin (hinsichtlich der Vorbeugung von Gefäßverkalkungen) neben der hemmenden Wirkung auf die Blutgerinnung auch eine direkte Entzündungshemmung von Bedeutung ist.
Der Zusammenhang von Typ 2-Diabetes, Herz- und Gefäßkrankheiten und Entzündung wird laut Festa auch durch neuere Studien mit ACE-Hemmern deutlich, insbesondere durch die HOPE-Studie. Hier konnte gezeigt werden, dass in der Gruppe, in der die Patienten mit dem ACE-Hemmer Ramipril behandelt wurden, seltener neue Diabetesfälle auftraten. Festa: "Dies war zunächst völlig überraschend." Im Rahmen der IRAS-Studie konnte Festa nun aber auch nachweisen, dass erhöhte CRP-Konzentrationen mit einer gesteigerten Insulinresistenz, also einer Vorstufe des Typ 2-Diabetes, in Verbindung stehen. Das zukünftige Diabetesrisiko steige bei gesunden Personen, die Zeichen einer chronischen, subklinischen Entzündung durch erhöhte CRP-Spiegel aufwiesen. "Die Sache beginnt schlüssig zu werden, wenn man die Ergebnisse der IRAS-Studie so interpretiert, dass die Entwicklung des Typ 2-Diabetes als Ausdruck einer chronischen Entzündung und/oder krankhaften Veränderung der Innenauskleidungen der Gefäße (endotheliale Dysfunktion) zu verstehen ist," sagt Festa: "Experimentelle Studien weisen ja darauf hin, dass ACE-Hemmer zirkulierende PAI I-Spiegel, also einen weiteren wichtigen Marker für ein gestörtes Gerinnungssystem, absenken."
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