Übergewicht belastet die Gesundheit

Allein in Deutschland ist jeder zweite Bundesbürger übergewichtig und jeder fünfte ist adipös1. Das Durchschnittsgewicht der Deutschen hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen und steigt immer noch.

Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit diesen Zahlen auf dem zweiten Platz der Übergewichtigen:

  1. Südafrika
  2. Deutschland
  3. Finnland
  4. USA

Abgesehen von den gesundheitlichen Schäden, die Adipositas zur Folge hat, hat sie auch eine volkswirtschaftliche Relevanz. Denn Adipöse werden doppelt so häufig vorzeitig berentet. Das Bundesgesundheitsministerium schätzt die Kosten für Adipositas und ihre Folgeerkrankungen auf ca. 35 bis 40 Milliarden Mark.

Neben der psychischen Belastung, nicht dem gesellschaftlichen Schönheitsideal zu entsprechen, kann erhebliches Übergewicht auch zu ernsthaften organischen Erkrankungen führen und die Lebensdauer verkürzen. Extremes Übergewicht (ab einem BMI über 30 s.u.) wird als Adipositas oder Fettsucht und damit als Krankheit bezeichnet. Mediziner definieren Adipositas als "Neigung des Organismus zu übermäßiger Körpergewichtserhöhung durch Zunahme des Fettgewebes, bei gestörter Energiebilanz und Beeinträchtigung von Körperfunktionen".2

Gewichtsideale im Wandel der Zeit

Nicht jeder, der das Gefühl hat, "ein paar Pfunde zu viel" zu haben, ist nach medizinischen Maßstäben tatsächlich übergewichtig. Unser Schönheitsideal orientiert sich heute an einer Idealfigur, die eher unter dem Normalgewicht liegt. In früheren Jahrhunderten gab es ganz andere Vorstellungen von attraktiven Formen. Ausladende weibliche Figuren wurden mit Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht und daher als schön empfunden. Beispiele hierfür sind die römische Venus oder die üppigen Frauendarstellungen der Spätgotik und Renaissance. Auch bei den Männern galt Leibesfülle als Statussymbol. Wer dick war, hatte genug zu essen, d.h. er hatte Geld und Einfluß. Erst im letzten Jahrhundert kam Schlankheit in Mode. Höhepunkt war 1960 der Siegeszug von Twiggy, deren androgyne Körperfigur mit der des heutigen Topmodels Kate Moss vergleichbar ist. Heute gilt ein schlanker, durchtrainierter Körper als leistungsfähig, diszipliniert und erfolgreich.

Dieses Ideal wird in erheblichem Maße von Werbebotschaften und den Medien geprägt. Angeregt durch den menschlichen Wunsch nach Schönheit und Anerkennung, berichten sie ausgiebig über die neuesten Diäten und das wechselnde Gewicht zahlreicher Prominenter. Bekannte Beispiele hierfür sind Joschka Fischer oder Monica Lewinsky, die bisweilen mit ihrer Figur auch ihren Charakter und ihre gesellschaftliche Bedeutung zu verändern scheinen.

Wie wird das "richtige Gewicht" bestimmt?

Welches Gewicht ist nun aber anzustreben? Wann fängt Übergewicht an und wann steigt die Wahrscheinlichkeit gewichtsbedingter Erkrankungen?

Noch vor einigen Jahren wurde das Normalgewicht mit Hilfe der Broca-Methode bestimmt: Von der Körpergröße wurden 100 abgezogen und man erhielt das Normalgewicht (für Frauen lag das Normalgewicht um zehn Prozent niedriger). Wer diesen Wert um mehr als zehn Prozent überschritt, galt als übergewichtig.

Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen definiert die Medizin Adipositas durch den Body Mass Index (BMI), der aus Köpergewicht und Körpergröße errechnet wird.

Das Körpergewicht in Kilogramm wird durch die potenzierte Körpergröße geteilt: Körpergewicht in kg /(Körpergröße in m)2

Der Normalwert sollte zwischen 20 und 24 liegen. Ab einem BMI von 25 spricht man von leichtem Übergewicht, ab 30 ist aus gesundheitlichen Gründen eine Gewicht empfehlenswert. Im Vergleich zur Broca-Methode hat die BMI-Berechnung den Vorteil, daß sie auch für sehr große und sehr kleine Menschen geeignet ist.

Im Zuge der Fitneßbewegung der 80er Jahre wurde die Gewichtseinteilung nicht mehr nur nach Körpergewicht vorgenommen, sondern auch der Fettanteil berücksichtigt. Dieser kann auf eine gesundheitliche Gefährdung hinweisen, da ein zu hoher Fettanteil häufig mit Bluthochdruck und einem erhöhten Cholesterinspiegel verbunden ist. Um den Körperfettanteil zu messen, verwendet man unter anderem die Bioelektrische Impedanzanalyse. Sie beruht auf dem Prinzip, daß verschiedene Körpergewebe (Körperfettmasse, Muskulatur, Knochen) bei Stromdurchfluß unterschiedliche Widerstände aufbauen. Aus den Widerstandsmessungen und anderen Größen läßt sich die Körperfettmasse bestimmen. Die verwendeten Stromstärken sind gesundheitlich unbedenklich und nicht spürbar. Bei Personen mit Herzschrittmachern sollte diese Methode allerdings nicht eingesetzt werden. Der Körperfettanteil sollte bei Männern nicht mehr als 23 Prozent und bei Frauen nicht mehr als 27 Prozent betragen.

Ein anderes Meßverfahren, das vor allem auf gesundheitliche Gefährdungen hinweist, ist die Waist-to-hip-ratio (WHR), auch Taille/Hüft-Quotient genannt. Der T/H-Quotient errechnet sich aus dem Körperumfang in Taillenhöhe dividiert durch den Körperumfang in Hüfthöhe. Bei Männern sollte er unter 1,0 liegen und bei Frauen kleiner als 0,85 sein. Ein Taillenumfang von über 100 Zentimetern ist unabhängig vom Quotienten als ungünstig zu betrachten. Man unterscheidet die sogenannte androide und gynoide Fettsucht, wobei die erstgenannte Form durch Betonung der Fettdepots in der Abdominalregion und die letztgenannte durch Fettdepots der Hüft- und Oberschenkelregion gekennzeichnet ist. Die sogenannte androide Adipositas (Apfel-Typ) geht weitaus häufiger mit Stoffwechselstörungen und auch mit koronaren Herzerkrankungen einher als die gynoide Form (Birnen-Typ).

Für Kinder sind die genannten Methoden zur Feststellung von Übergewicht nicht geeignet. Hier muß anhand der Hautfaltendicken das Körperfett gemessen werden.

Ursachen der Adipositas

Adipositas resultiert aus einem Ungleichgewicht zwischen Nahrungsaufnahme und Energieverbrauch. Bei der Entstehung spielen genetische Vorbelastung, Alter, Geschlecht und sozioökonomischer Status eine wichtige Rolle. So steigt die Zahl der Übergewichtigen mit zunehmendem Alter deutlich an. Auch tritt Adipositas in einkommensschwächeren Schichten häufiger auf.

Männer leiden fast doppelt so häufig an dem Problem der Übergewichtigkeit wie Frauen und sie haben ein höheres Gesundheitsrisiko, was in der Qualität der Fettverteilung begründet liegt. Denn aus gesundheitlicher Sicht ist der "Männerbauch" für das Entstehen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen und Bluthochdruck riskanter als die typisch weibliche Fettverteilung.

Bei den vielschichtigen Ursachen nehmen aber falsche Ernährungsgewohnheiten (zu viel, zu fett) und Bewegungsmangel häufig die wichtigste Rolle ein. Oft spielen auch mehrere Faktoren zusammen. Manchmal können bestimmte Krankheiten und Medikamente zu einer Veränderung der Stoffwechselvorgänge führen und die Adipositas kann Ausdruck dieser Krankheiten sein. So kann sie durch hormonelle Einflüsse verursacht werden wie beim Cushing-Syndrom oder zerebral zum Beispiel nach Traumen, bei Enzephalitis und Hirntumoren.

Bei vielen Fettleibigen wird eine Adipositas bereits in der Kindheit festgelegt. Eine frühe falsche, d.h. z.B. zu fetthaltige, Ernährung und niedrige körperliche Aktivität sind dafür verantwortlich, daß Fettpolster in späteren Lebensjahren auch durch hartnäckige Abmagerungskuren nicht verschwinden. Auch die psychologische Komponente darf nicht unterschätzt werden: wird Nahrung Kindern als "Trostspender" verabreicht, beginnen diese Kinder oft auch als Erwachsene bei negativen Erlebnissen automatisch zu essen und können grundsätzlich plötzlichen Hungergefühlen nur schlecht widerstee.Dhritvrallem bei einer erblichen Vorbelastung eine Intervention bereits in der Kindheit wichtig.

Ernährungsgewohnheiten und Lebensweise werden in frühem Alter geprägt. Eine Adipositas-Prävention mit Ernährungsschulung und Bewegungsprogramm, die bereits in der Kindheit beginnt und die Familien mit einbezieht, ist daher am Erfolg versprechendsten.

Gesundheitliche Konsequenzen

Adipositas gilt - vor allem bei einem hohen Anteil an Bauchfett - als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Krankheiten, Schlaganfall, Diabetes und Krebs. Gesundheitliche Konsequenzen sind hier nicht nur am Gewicht abzuschätzen, sondern auch am Taillenumfang. Wie eine niederländische Studie ergab, leiden Männer mit einem Taillenumfang von mehr als 102 Zentimetern und Frauen mit mehr als 88 Zentimetern (bei mittlerer Körpergröße) vermehrt an Atemnot, Rückenschmerzen und Diabetes mellitus3. Das Risiko einer Herzkrankheit steigt um den Faktor 4,2 bei Männern und um 2,8 bei Frauen gegenüber Personen mit schlanker Taille. Ca. zwei Drittel aller Diabeteserkrankungen werden durch eine Adipositas verursacht. Auch viele gynäkologische Erkrankungen wie Zyklusstörungen und Unfruchtbarkeit können Folgen dieser Krankheit sein. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit, an bestimmten Krebsarten zu erkranken: das Gebärmutterkrebsrisiko ist bei Adipösen um den Faktor 5,4 erhöht.

1 Alfred Wirth, Adipositas-Fibel, Springer-Verlag 1998.

2 Zetkin/Schaldach: Lexikon der Medizin, 16. Aufl., Wiesbaden 1999.

3 Lancet, 351, 1998,853.

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