Retina-Implant-Projekte in Deutschland - Stand 2001 - Teilbereich EPI-RET

Vorgeschichte

Aufbauend auf der Machbarkeitsstudie des Bundesministeriums für Bildung, Forschung, Wissenschaft und Technologie (BMBF) zur Neurotechnologie wurden 1995 in Deutschland zwei interdisziplinäre Forschungsvorhaben initiiert, deren Ziel es ist, eine implantierbare Sehprothese für blinde Patienten infolge fortschreitender Netzhautdegenerationen wie der Retinitis pigmentosa (RP) zu entwickeln. Das EPI-RET-Konsortium, das von Professor Dr. Rolf Eckmiller vom Institut für Neuroinformatik der Universität Bonn geleitet wird, entwickelt eine Netzhautprothese, die epiretinal, d.h. auf der Netzhautoberfläche fixiert wird

Abbildung 1: Prinzip der Retina-Implant-Ansätze. Im epiretinalen Ansatz befindet sich der Stimulator auf der inneren Netzhautoberfläche, die Elektroden liegen in direktem Kontakt zu den Axonen der retinalen Ganglienzellen, d.h. den langen Fortsätzen der Nervenzellen in der Netzhaut. Signal und Energie werden von extern eingekoppelt. Im subretinalen Ansatz liegt der Stimulator hinter der Netzhaut und wird von außen mit Energie und Licht versorgt.

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Das SUB-RET-Konsortium, das von Professor Dr. Eberhart Zrenner, Direktor der Universitäts-Augenklinik Tübingen geleitet wird, entwickelt eine solche Prothese, die unter der Netzhaut platziert wird. Beide Forschungsansätze basieren auf experimentellen Untersuchungen, die teilweise bereits bis in die 60er Jahre zurückgehen, nach denen die elektrische Stimulation der Netzhaut zu Aktivierungen in der Sehrinde führt. Diese frühen Experimente haben aber wegen der nicht ausgereiften Technologie zu keinem für den Patienten nutzbaren Heilansatz geführt. Mit der rasanten Weiterentwicklung der Mikroelektronik, der Miniaturisierung und der Fertigungstechniken wird nun die Realisierung einer solchen vollständig implantierbaren Prothese als machbar eingestuft. Nachdem beide Gruppen zwischen 1995 und 1999 nachweisen konnten, dass sowohl der subretinale Ansatz als auch der epiretinale Ansatz erfolgsversprechend ist, erfolgte von Seiten des BMBF die Bewilligung einer zweiten Förderphase.

Struktur der zweiten Förderphase RETINA-IMPLANT

Die bisher an den Retina-Implant-Projekten beteiligten Forschergruppen wurden in vier Arbeitsgruppen aufgeteilt: EPI-RET (Ophthalmologie & Technik), SUB-RET (Ophthalmologie & Technik), BIOKOMPATIBILITÄT und PHYSIOLOGIE. Folgende Institutionen sind an diesen vier Gruppen beteiligt:

EPI-RET-Gruppe - Technologie, Ophthalmologie

SUB-RET-Gruppe - Technologie, Ophthalmologie Physiologie Biokompatibilität Diese vier Arbeitsgruppen sind in Form eines vielfach miteinander verwobenen Forschungsnetzes verbunden und nehmen die Experimente vor.

Stand der Entwicklung EPI-RET

Bau der Systeme

Im EPI-RET Projekt wird derzeit eine komplexe Prothese realisiert, die aus folgenden Komponenten besteht:

Kamerasystem: Das vom Fraunhofer Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme entwickelte Kamerasystem besteht aus einem CMOS Bildaufnahmechip mit einer Chipfläche von 88 mm² und einer Leistungsaufnahme von 35 mW. Auf diesem Chip sind 380x300 Pixel realisiert mit einer Dynamik von 100 dB und einer Gesamtausleserate von 30 Bildern/Sekunde. Der Chip ist klein genug, um in ein konventionelles Brillengestell integriert werden zu können.

Retina-Encoder: Zur Berechnung der Stimulationspulse wird ein Retina-Encoder-System benötigt, das die zur Stimulation der retinalen Ganglienzellen (Nervenzellen in der Netzhaut) erforderlichen Reizpulse in Echtzeit auf der Basis des Eingangssignals der Kamera berechnet. Grundlage hierzu sind Eigenschaften retinaler Ganglienzellen, die in einem lernfähigen neuronalen Netz simuliert werden und die im Trainingsbetrieb vom Patienten modifiziert werden können.

Sendesystem für Daten und Energie: Derzeit wird ein Hochfrequenzsendesystem realisiert, das die für die Prothese notwendige Energie und die Daten über die berechneten Reizpulse in das Auge sendet. Alternativ hierzu wurde ein solches Sendesystem auf Basis einer optoelektronischen Daten- und Energieübertragung realisiert.

Implantat: Das Implantat besteht aus mehreren Komponenten, die in unterschiedlichen Bereichen des Auges implantiert werden, um die Belastung für die Netzhaut möglichst gering zu halten. Die komplexe Prothese besteht aus einer Intraokularlinse (künstlichen Augenlinse) mit integrierter Empfangsschaltung für beide Sendesysteme, einer hochflexiblen Mikrokabelverbindung zur eigentlichen Stimulatorstruktur und aus einer Stimulatorstruktur, die wiederum aus der Stimulationselektronik besteht und aus dem eigentlichen Reizelektrodenfeld für die Stimulation.

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Auf dem Stimulatorchip werden entsprechend der vom Retina-Encoder berechneten Daten die Pulse für die Reizelektrodenmatrix generiert und auf die einzelnen Elektroden verteilt.

Die Implantatstruktur besteht aus einem hochflexiblen extrem dünnen folienartigen Kunststoff (Polyimid), auf dem die elektronischen Komponenten mit speziellen Verbindungstechniken aufgebaut sind.

Derzeit sind 25 Reizelektroden realisiert mit einem Durchmesser von 100 µm, die auf einer Struktur von 3 mm Durchmesser verteilt sind.

Operationstechniken

Die Fixation dieser Prothese auf der Netzhaut erfolgt mittels mechanischer Fixationshilfen wie kleinen Stiften, die das Implantat in der Lederhaut verankern. Hier konnte die Kölner Arbeitsgruppe nachweisen, dass die Implantation und mechanische Fixation beim Kaninchen ohne signifikante Komplikationen möglich ist. Nachuntersuchungen über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten ergaben eine gute Einheilung des Implantates mit einem direkten Kontakt zwischen Prothese und Netzhautoberfläche.

Abbildungen 3 a-c: Implantation der Empfangsstruktur der komplexen epiretinalen Prothese in den Kapselsack (links und mitte), stiftfixiertes Reizelektrodenfeld auf der Netzhautoberfläche (rechts).

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Abbildungen 4 a-c: Befunde 6 Monate nach epiretinaler Implantation und mechanischer Fixation.
Links: Fluoreszenzangiographie. Mitte: ICG Angiographie. Rechts: Histologie (Schliffpräparat).

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Feingewebliche (histologische) Untersuchungen an solchen Augen sind extrem aufwendig, da die weichen biologischen Strukturen und die harten technischen Systeme nicht gleichzeitig mit den Standardverfahren aufgearbeitet werden können. Die Spezialisten am Pathologischen Institut der RWTH Aachen haben für derartige Fragestellungen Schlifftechniken entwickelt, mit denen die Netzhaut und das Implantat gleichzeitig zu sehen sind. Auf diese Weise ist der enge Kontakt zwischen implantierter Struktur und Netzhautoberfläche abzulesen.

Die Angiographien ergaben, dass das Durchblutungsmuster der Netzhaut und der Aderhaut durch das Implantat nicht gestört wird. Lediglich zarte Gefäßschlingen können zum Stift ziehen aber ohne Verziehung der Netzhautoberfläche. Auch funktionelle Unterucunenmites\n eekrohyioogscerTehnke egaen dssesweerzumaeraloxscenr eatine a dr ethat omt oc z oertinsecnichbeinte Fnkiosenshraul;kuge.\n \nh3ElktisheStmuaton/h>\n \nP>n xprienelenStdin\n knne acgeieenwede, as de letrsce tiultin erNezhutbeflaul;che beim gesunden Kaninchen und beim Kaninchen, bei dem die erste retinale Synapse (Schaltstelle) blockiert wurde, zur Aktivierung der Sehrinde im Gehirn geführt hat. Derartige Versuche wurden auch an Katzen vorgenommen. Dabei konnten die für eine erfolgreiche Stimulation erforderlichen Reizcharakteristika bereits annähernd beschrieben werden.

Abbildung 5: Elektrisch evozierte Potenziale beim Kaninchen nach elektrischer Stimulation der Netzhautoberfläche. Ableitungen von unter der Haut (subkutan) angebrachten Elektroden über dem visuellen Kortex (Sehrinde).

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Weitere Schritte

Ziel der zweiten Förderphase des EPI-RET-Vorhabens ist der experimentelle Nachweis der kortikalen Aktivierung nach Oberflächenstimulation der Netzhaut bei der Katze. Dabei muss gezeigt werden, dass nicht nur unstrukturierte Lichtphänomene ausgelöst werden können (sog. Phosphene) sondern Strukturen, die der visuellen Wahrnehmung schon sehr nahe kommen. Weiterhin stehen der Nachweis der Biokompatibilität und der Nachweis der Explantierbarkeit noch aus. Es sind aber auch in den nächsten zwei bis drei Jahren Untersuchungen beim Menschen geplant. Hierzu soll nach exakter Charakterisierung des Krankheitsbildes des Betroffenen ein nicht invasiver Stimulationstest erfolgen. Lassen sich bei den Patienten mit externer Stimulation Lichtwahrnehmungen erzeugen, scheint das Reizleitungssystem zumindest soweit intakt zu sein, dass eine Stimulation mit einem Implantat erfolgversprechend erscheint. Es soll dann in einem weiteren Schritt in Lokalanästhesie eine vorläufige Implantation erfolgen, woraufhin der Patient nach seinen Wahrnehmungen befragt wird. Erst wenn dieser Test erfolgreich war, kann eine dauerhafte Stimulation erwogen werden.

Zum Nachweis der ortsaufgelösten kortikalen Aktivierung - das bedeutet, dass bei Stimulation eines bestimmten Punktes auf der Netzhaut tatsächlich das diesem Punkt zugehörige Areal im Gehirn angesprochen wird - erfolgen derzeit Experimente an den Universitäten Bochum (Neurophysiologie) und Marburg (Neurophysik). Hier pflanzen erfahrene Netzhautchirurgen Katzen Retina-Implantate ein. Mittels optischer Verfahren (Nachweis von Stoffwechselaktivität) und elektrophysiologischer Techniken (Nachweis spezifischer neuronaler Aktivität) wird die kortikale Aktivierung an verschiedenen Kortexarealen in Bezug zur retinalen Stimulation gesetzt und untersucht. Es muss sichergestellt sein, dass die Reizung einer definierten Netzhautzone zu einer anderen Kortexaktivierung führt als die Reizung einer zweiten Netzhautzone. Ein solches Verhalten ist zwar nach der Physiologie des visuellen Systems zu erwarten, ob es sich mit der artifiziellen Stimulation aber auch so verhält, muss im Experiment nachgewiesen werden.

Implantation beim Menschen - klinische Anwendung ?

In diesem Zusammenhang ist die am häufigsten gestellte Frage, wann Patienten damit rechnen können, dass ein solches System zur Verfügung steht. Hierzu ist zu sagen, dass zunächs ene eih vo Tirexerientn eforerlch st,bevr en slchs Sste ¨erhuptr f¨r de Awenungbei Meschn zgelsse wedenkan. Dnn rfogt er instz\n zunaum;cht bi enerGrupe on atinte, bi dnendieVorusstzugenbesndes n &uul;ntigsin, i RamenderProotyerpobug. iess Zel irdnac vosictign n ch¨tzugenin en &aul;cste dri Jhre ereicbarsei. A eie beit klnishe\n Anwndug it sche ert i fünf bis zehn Jahren zu denken.

Priv.-Doz.Dr. Peter Walter
Leitender Oberarzt der Klinik für Netzhaut- und Glaskörperchirurgie
Zentrum für Augenheilkunde der Universität zu Köln
Stellvertretender Sprecher der Arbeitsgruppe EPI-RET im Retina-Implant-Verbund
Joseph-Stelzmann-Straße 9
50931 Köln
Tel (0221) 478-4308
Fax (0221) 478-6485
eMail peter.walter@uni-koeln.de

Die Abbildungen können in Farbe beim Verfasser angefordert werden.


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