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Die gesamte Mund- und Rachenschleimhaut von Rauchern wird als Ergebnis eines mehrstufigen Prozesses von genetischen Fehlern verändert. Für diese Hypothese haben Forscher von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg um Marc Bloching Belege gefunden (HNO, 2000, Vol. 48, Seiten 444 bis 450). Mit der Zahl der Veränderungen im Erbgut steigt nach Auffassung der Wissenschaftler auch die Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte für die Krebsentstehung wichtige Abschnitte der DNS geschädigt werden. Diese großflächigen Veränderungen im Erbgut werden als Feldkanzerisierung bezeichnet. Sie dienen als Erklärung für die häufigen Erkrankungen von Patienten mit Mundhöhlen-, Rachen- oder Kehlkopfkarzinomen an Zweittumoren im gleichen Bereich. Die Hallenser Forscher haben nun einen Weg aufgezeigt, über einfach zu bestimmende Biomarker das Ausmaß der Feldkanzerisierung zu bestimmen. Zusammen mit anderen Biomarkern ließe sich damit das individuelle Risiko für eine Krebsentstehung im oberen Mund- und Rachenraum einschätzen.

Als Maß für die genetische Schädigung der Schleimhäute im oberen Mund- und Rachenraum zogen die Wissenschaftler die Anzahl so genannter Mikrokerne in den Schleimhautzellen heran. Mikrokerne entstehen durch Störungen bei der Zellteilung. Sie bilden einen zweiten, kleineren Kern neben dem eigentlichen Zellkern. Sie können aus ganzen Chromosomen oder aus Fragmenten der DNS bestehen.

Zusammenhang zwischen Tabakkonsum und Mikrokernrate

Wie Bloching und Kollegen in der Studie zeigen konnten, besteht ein enger Zusammenhang zwischen täglichem Zigarettenkonsum und der Mikrokernrate. Mit ansteigender Dauer und Menge des Zigarettenkonsums stieg auch die Mikrokernrate. Ein Zusammenhang bestand dagegen nicht zum Alkoholkonsum, der parallel untersucht wurde. Auch andere potenziell krebserregende Stoffe hatten - mit Ausnahme von Lösungsmitteln - keinen Einfluss auf die Mikrokernrate. Tumorpatienten hatten eine deutlich höhere Mikrokernrate als Personen aus der Kontrollgruppe.

In einer Fallkontrollstudie mit Patienten mit Kopf-/Halstumoren und Leukoplakiepatienten (eine Erkrankung, bei der auf den Schleimhäuten weiße Veränderungen erscheinen, auch Weißschwielenkrankheit genannt) sowie einer Kontrollgruppe aus gesunden Männern und Frauen schätzten die Wissenschaftler darüber hinaus das relative Risiko, an einem entsprechenden Tumor zu erkranken in Abhängigkeit von der Mikrokernrate. Patienten mit Kopf-/
Hals-Karzinom hatten im Durchschnitt einen Wert von 0,0205 Mikrokernen je Zelle, Leukoplakiepatienten 0,0194 Mikrokerne je Zelle und die Kontrollpersonen durchschnittlich 0,009 Mikrokerne je Zelle. Bei gesunden, rauchenden Probanden mit einer Mikrokernrate von 0,0195 Mikrokernen pro Zelle (dieser Wert entspricht dem Mittelwert der beiden Patientengruppen) war danach das Krebsrisiko um das 8,04fache erhöht. Ziel der Hallenser Wissenschaftler ist es nun, weitere Biomarker zu ermitteln, um für Raucher im Sinne eines Biomonitorings Vorsorgeprogramme zur Krebsvorbeugung zu entwickeln. Der Vorteil der Methode liegt darin, dass Veränderungen im Mikroskop zu sehen und Reihenuntersuchungen mit Bildanalysesystemen möglich sind.

Quelle: Blauer Dunst, Deutsches Krebsforschungszentrum, Im Neuenheimer Feld 280, 69120 Heidelberg


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