Medport Logo Kinder rauchender Mütter sind öfter Quälgeister
MedPort - Fachbereiche - Pädiatrie - Kinder rauchender Mütter sind öfter Quälgeister
 
  
 
 

Kinder rauchender Mütter sind öfter Quälgeister

(Blauer Dunst) Mütter, die rauchen, haben sehr viel häufiger verhaltensauffällige Kinder, die übermäßige Impulsivität, Risikobereitschaft oder Aufsässigkeit an den Tag legen. Zu diesem Schluss kommt eine amerikanische Studie an der New Yorker Mount Sinai School of Medicine (Archives of Pediatrics & Adolescent Medicine, Vol 154 No 4, April 2000, Seiten 381 - 385). Die Forscher betrachteten parallel weitere mögliche Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, wie beispielsweise eine konfliktreiche Mutter-Kind-Beziehung oder autoritäre Erziehungsmethoden, die zum Teil einen weiteren, verstärkenden Einfluss auf die Verhaltensauffälligkeit der Kleinkinder im Alter von 2 Jahren hatten. Doch auch bei Kindern, bei denen das Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft der einzige Risikofaktor war, traten bis zu 5 mal häufiger negative Verhaltensmuster auf als bei Kindern von Nichtraucherinnen. Andere mütterliche Persönlichkeits- oder Verhaltens-Eigenschaften, der Familienstand und sogar Drogenkonsum beeinflussten der Studie zufolge dagegen das Verhalten der Kinder nicht.

Rauchen nach der Geburt noch schlimmer

Wenn die Mütter nach der Geburt rauchen, hat das nach Auffassung von Brenda Eskenazi und Rosemary Castorina von der Berkley-Universität in Kalifornien einen sehr viel stärkeren negativen Einfluss auf die Verhaltenseigenschaften der Kinder als wenn sie nur während der Schwangerschaft rauchen (Environmental Health Perspektives, Vol 107, Dezember 1999, Seiten 991 bis 1000). Die Wissenschaftler trugen die Ergebnisse verschiedener Studien zum Einfluss von Tabakrauch auf kindliche Verhaltenseigenschaften und die intellektuelle Entwicklung zusammen. Dabei versuchten sie zu unterscheiden zwischen den Auswirkungen von mütterlichem Rauchen während und nach der Schwangerschaft. Nach den meisten betrachteten Studien zeigten Kinder von Raucherinnen in beiden Fällen in den ersten zwei Lebensjahren vermehrt Verhaltensprobleme wie Hyperaktivität oder ein besonderes Aufmerksamkeitsbedürfnis. Bei den älteren Kindern (Vorschulalter oder älter) belegten einige Studien eine verzögerte Sprachentwicklung und schlechtere schulische Leistungen als bei Kindern von Nichtraucherinnen. Besonders klar zeigten sich diese Zusammenhänge in der Mehrzahl der Studien vor allem bei Kindern von Müttern, die nach der Geburt rauchten, weniger bei solchen, die nur während der Schwangerschaft geraucht hatten.

Erhärtet durch Untersuchungen an Ratten

Bekräftigt wird dieses Ergebnis auch durch Untersuchungen an Tieren. Amerikanische Wissenschaftler um S.M. Gospe jr. ließen Ratten während und/oder nach der Schwangerschaft entweder gefilterte Luft oder Nebenstromrauch von Zigaretten einatmen (Pediatric Research, Vol 39 (3), März 1996, Seiten 494 bis 498). Der Tabakrauch während der Schwangerschaft hatte keinen Einfluss auf die Erbsubstanz (DNA), die Proteine und die Cholesterol-Konzentration im Vorder- und Hinterhirn der Rattenkinder. Nach der Geburt reduzierte der Rauch die DNA-Konzentration im Hinterhirn dagegen um 4,4%. Gleichzeitig war das DNA/Proteinverhältnis – ein Indikator für die zelluläre Dichte – bei diesen Tieren um 8,4% erhöht. Die Ergebnisse legen die Vermutung nahe, d die Zellenanzahl verringert sowie die Zellen vergrößert. Dies könnte zu neurologischen Fehlfunktionen führen.

Finnische Forscher um Pirko Räsänen gehen in der Beurteilung der Verhaltensprobleme von Kindern von Raucherinnen sogar noch einen Schritt weiter: Ihre Beobachtung von finnischen Jungen über einen Zeitraum von 28 Jahren hat ergeben, dass junge Männer, deren Mütter während der Schwangerschaft rauchten, mehr als doppelt so oft durch gewalttätige Straftaten auffielen (The American Journal of Psychiatry, Vol 156, Juni 1999, Seiten 857 bis 862) wie Kinder von Nichtraucherinnen. In Kombination mit anderen Faktoren, beispielsweise sehr jungen Müttern, die bei der Geburt unter 20 Jahren alt waren, oder bei unerwünschten Schwangerschaften, bei alleinerziehenden Eltern und bei Kindern, die sehr spät gesprochen haben oder gelaufen sind, ergab sich ein bis zu neunmal höheres Risiko für Gewalttätigkeiten und sogar ein 14faches Risiko für wiederholte Straftaten. Das Risiko für nicht-gewalttätige Straftaten war dagegen nicht erhöht. Die Studie beschränkte sich auf die Auswertung von Daten männlicher Probanden, weil die Zahl der straffällig gewordenen Frauen zu niedrig war. Als mögliche Erklärung vermuten die Wissenschaftler eine niedrigere Serotonin-Aufnahme und eine Veränderung der dopaminabhängigen Neuronen im Gehirn des Fötus. Dies lassen Tierversuche vermuten. Eine niedrige serotoninabhängige Gehirnfunktion könnte mit Impulsivität und vermehrtem Aufmerksamkeitsbedürfnis einhergehen.