Studie zeigt: Neue Monitorngtechnik erkennt fetalen Sauerstoffmangel präziser
Wie eine breitangelegte
neue Studie zeigt, die in der aktuellen Ausgabe des Lancet veröffentlicht wurde,
ist die fetale CTG plus ST-Analyse – eine neue Methode des Monitorings von Kindern
während der Geburt – besser geeignet als die Kardiotokografie (CTG) allein.
Die Studie zeigte, dass die Zahl der Kinder, die mit metabolischer Azidose (ein
Indikator für schweren Sauerstoffmangel) geboren wurden, in der CTG plus ST-Analyse-Gruppe
signifikant geringer war (53%) als in der Gruppe, die nur mit CTG überwacht
wurde. Dies war mit verbesserten perinatalen Ergebnissen verbunden. Die Zahl
der operativen Entbindungen (einschließlich Kaiserschnitt, Vakuumextraktion
oder Zangenentbindung) auf Grund von fetalem Stress war in der Gruppe, die mit
CTG plus ST-Analyse überwacht wurde, ebenfalls signifikant niedriger.
Professor Karel Maršál, der Leiter der Forschungsgruppen der Universitäts-kliniken
von Malmö, Lund und Göteborg, Schweden, kommentierte die Studien-ergebnisse
wie folgt: “Unseres Wissens ist dies der erste Bericht, der zeigt, dass ein
neues Verfahren des fetalen Monitorings in der Lage ist, sowohl das Risiko eines
schweren Sauerstoffmangels des Säuglings während der Geburt als auch die Zahl
der operativen Entbindungen infolge von fetalem Stress zu senken.”
Die Studie, an der 4.966 Frauen teilnahmen, ist die umfangreichste, die auf
diesem Gebiet der Medizin je durchgeführt wurde. Das Auswahlkriterium für die
Teilnahme an der Studie war, dass die Überwachung der fetalen Herzfrequenz mittels
intrauterinem CTG bereits entschieden worden war. Die Frauen wurden in zwei
Gruppen randomisiert: Überwachung des Fetus ausschließlich mit CTG oder mit
CTG plus Online-ST-Analyse, wozu das STAN® Monitoring-System von Neoventa Medical
verwendet wurde. Die relevanten Merkmale der Frauen waren in beiden Gruppen
vergleichbar.
Als wichtigstes Ergebnis der Intention-to-Treat-Analyse wurden 15 Fälle von
metabolischer Azidose in der CTG plus ST-Analyse-Gruppe ermittelt und 31 Fälle
in der Gruppe, die nur mit CTG überwacht wurde (RR 0,47, 95% CI 0,25-0,86, p
= 0,02). Darüber hinaus ließ sich auch eine signifikante Reduzierung der operativen
Entbindungen auf Grund von fetalem Stress feststellen (RR 0,83, 95% CI 0,69-0,99,
p = 0,047). Die Rate operativer Entbindungen auf Grund anderer Indikationen
war in beiden Gruppen gleich.
Bei den laut Prüfplan für die Maßnahme in Frage kommenden Fällen (n = 4.392)
waren die Unterschiede noch deutlicher: Die metabolische Azidose war in der
CTG plus ST-Analyse-Gruppe um 60% reduziert (0,6% verglichen mit 1,4%, p = 0,01);
operative Entbindungen auf Grund von fetalem Stress waren um 26% reduziert (5,9%
verglichen mit 8,0%, p = 0,009). Dabei war auch die Zahl der Kaiserschnittentbindungen
in der Gruppe, in der die CTG plus ST-Analyse durchgeführt wurde, signifikant
niedriger (1,9% verglichen mit 2,9%, p = 0,04). Bei keinem der Kinder in der
CTG-plus-ST-Gruppe kam es zu Schädigungen des zentralen Nervensystems, verglichen
mit sechs solchen Fällen im CTG-Arm.
Die nationale Situation
In Deutschland werden derzeit jährlich etwa 771.000 Kinder geboren, und die
Zahl der Kaiserschnittentbindungen steigt kontinuierlich. Zur Zeit liegt dieser
Anteil bei knapp 17%.
Dazu Prof. Dr. Joachim W. Dudenhausen, Leiter der Klinik für Geburtsmedizin
des Campus-Virchow Klinikums der Charité in Berlin: “Wir benutzen seit kurzem
das fetale STAN-Syste in unserer Abteilung und stellen ähnliche Ergebnisse
fest. Unser Hauptziel ist es, die Zahl der Kinder zu reduzieren, bei denen es
auf Grund von Sauerstoffmangel zu Hirnschäden kommt, da dies schwerwiegende
Auswirkungen auf das Kind, die Familie und das Gesundheitswesen hat. Darüber
hinaus ist es jedoch auch spannend festzustellen, dass durch diese neue Technologie
die steigende Zahl der Kaiserschnittentbindungen möglicherweise gesenkt werden
kann. Dies ist ein weiteres wünschenswertes Ergebnis, da wir dadurch in der
Lage sein werden, bei vielen Frauen die Risiken im Zusammen-hang mit diesem
chirurgischen Eingriff im Bereich des Abdomens zu vermeiden.”
Die Bedeutung von Schulungen
Bei einer Interimanalyse, die nach 1.600 Entbindungen im Herbst 1999 durchgeführt
wurde, zeigte sich, dass der Prüfplan nicht ausreichend eingehalten wurde. Dies
traf sowohl auf Fälle zu, in denen auf Grund des fetalen EKGs ein Eingriff hätte
vorgenommen werden sollen, als auch auf Fälle, in denen das fetale EKG bestätigte,
dass es dem Fetus gut ging und kein Eingriff angezeigt war. Daher wurden zusätzliche
Schulungen durchgeführt, bei denen auch spezifische Fälle vorgestellt wurden,
um die Motivation der mehr als 300 Hebammen und Ärzte zu erhöhen, die an der
klinischen Arbeit beteiligt waren.
Diese Maßnahmen führten zu weiteren Verbesserungen, sowohl im Hinblick auf die
Reduzierung der Fälle von metabolischer Azidose als auch die Reduzierung operativer
Eingriffe aufgrund fetalen Stresses in der CTG plus ST-Analyse-Gruppe. Darüber
hinaus sank die Zahl der Kinder, die auf die Neugeborenen-intensivstation aufgenommen
werden mussten, nach dieser erneuten Schulungsphase. Dies zeigte deutlich, wie
wichtig Schulungen, Feedback und das Sammeln von Erfahrungen für die erfolgreiche
Anwendung dieser neuen Technologie sind. Das Ergebnis späterer Studienphasen
deckte sich mit einer anderen kürzlich durchgeführten, kontrollierten, randomisierten
Studie, in der die “alte” CTG-Technologie mit der neuen CTG plus ST-Analyse
verglichen wurde . Diese Studie zeigte eine Reduzierung der operativen Geburten
aufgrund von fetalem Stress um 46%. Demnach bestätigen zur Zeit zwei breitangelegte
klinische Studien die Leistungsfähigkeit des STAN-Systems für die Verbesserung
der perinatalen Versorgung.
Fachwissen weitergeben
Wenn die STAN-Methode tatsächlich Vorgehensweisen und Gewohnheiten ersetzen
soll, die sich über eine lange Zeit etabliert haben, ist es unbedingt notwendig,
dass dieser Wechsel auf der Grundlage eines umfassenden Verständnisses der physiologischen
und klinischen Faktoren stattfindet.
Im Laufe der Jahre ist eine Kerngruppe von Entbindungsstationen europäischer
Universitätskliniken an klinischen Studien beteiligt gewesen. Mit Abschluss
der breit angelegten, randomisierten Studie in Schweden hat Neoventa Medical
ein Netzwerk von Experten-Zentren (so genannte “Centres of Excellence”) geschaffen,
die ihre Erfahrung als Anwender und “good practice” weitergeben und vor Ort
Schulungen durchführen sollen, um eine erfolgreiche Anwendung der STAN-Technologie
sicherzustellen.
Das Programm wurde von der EU umfassend unterstützt, und die Europäische Kommission
stellte über einen Zeitraum von zwei Jahren finanzielle Mittel in Höhe von EURO
1.897.813 zur Verfügung.
An dem Projekt, das am 1. April 2000 begann, nehmen zehn Entbindungs-stationen
an Universitätskliniken in folgenden europäischen Ländern teil: Schweden, Dänemark,
Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Norwegen und Großbritannien.
Quelle: neoventa
![]() Schwangerschaft und Geburt von Birgit Gebauer-Sesterhenn, Thomas Villinger |