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Immunglobuline

MedPort - Fachbereiche - Infektiologie - Immunglobuline
 
  
 
  Das Immunsystem, ohne Zweifel eines der kompliziertesten Regelwerke des menschlichen Körpers, erfüllt eine wichtige lebenserhaltende Funktion. Tagtäglich identifiziert es gefährliche Krankheitserreger und wehrt sie ab. So kommt es nur in seltenen Fällen tatsächlich zu einer Infektion, die meisten Erreger werden bereits im Vorfeld abgefangen und eliminiert. Eine Schwächung oder gar ein Defekt des Immunsystems kann gravierende Folgen für den Körper haben.

Die Verteidigung des Körpers

Dringt ein Erreger in den menschlichen Körper ein, wird er beim ersten Kontakt mit dem Immunsystem zunächst relativ ungezielt bekämpft, die speziell gegen diesen Erreger wirksame Immunantwort benötigt etwas mehr Zeit. Ein Teil der Zellen des Immunsystems, die weißen Blutkörperchen, sind in der Lage, bestimmte Strukturen auf der Oberfläche der Erreger als fremd zu erkennen. Sie können sich diese Strukturen, die so genannten Antigene, und damit den Feind „merken“. Bei einem erneuten Kontakt „erinnern“ sich diese „informierten“ Immunzellen an den zuvor registrierten Erreger und stellen dieses Mal sofort eine spezifische Abwehr zur Verfügung, so genannte Antikörper oder Immunglobuline.

Antikörper passen zu den entsprechenden Antigenen der Krankheitserreger wie der Schüssel ins Schloss und sind so in der Lage, gezielt und ausschließlich an die zuvor gespeicherten gemerkten“ Antigene von Bakterien oder Viren zu binden und diese zu neutralisieren. Der menschliche Körper produziert unterschiedliche Antikörper, den größten Anteil (ca. 75 Prozent) bildet dabei Immunglobulin vom Typ IgG. Beim erneuten Kontakt mit einem Erreger werden hauptsächlich Antikörper diesen Typs gebildet. Eine weitere Besonderheit der Immunglobuline vom Typ IgG ist ihre Fähigkeit, auch das Ungeborene im Mutterleib vor Infektionen zuschützen, da sie die schützende Plazenta durchdringen. Auch über die Muttermilch können die Antikörper an das Neugeborene weitergegeben werden. Dieser Schutz hält, abhängig von der Stillzeit, nach der Geburt mehrere Monate an.

Wenn der Widerstand nachlässt

Aber nicht immer kann das Immunsystem unseren Körper effektiv genug verteidigen. Die Ursachen für eine verminderte Immunantwort sind vielfältig. Sie reichen von der angeborenen Immunschwäche über eine temporäre Abnahme der Immunabwehr - beispielsweise bei einer Überlastung des Systems durch Infektionen - bis hin zu den Folgen von Autoimmunerkrankungen oder einer erworbenen Immunschwäche wie AIDS. In diesen Fällen braucht das Immunsystem Unterstützung von außen. Die zsätzliche Gabe von Immunglobulinen ist inzwischen aus Praxis und Klinik nicht mehr weg zu denken.

Woher stammen die Immunglobuline?

Früher wurden die verwendeten Immunglobuline meistens aus dem Blut von Tieren gewonnen, beispielweise von Schafen, Pferden, Rindern und Eseln, die nach dem Kontakt mit einem Erreger oder seinen Antigenen entsprechende Immunglobuline bildeten. Diese tierischen Antikörper wurden in erster Linie zur passiven Unterstützung des Immunsystems, der so genannten passiven Immunisierung, angewandt. Das bedeutet, dass der Körper nicht dazu angeregt wird, selbst aktiv Antikörper zu bilden, wie es bei einer aktiven Impfung der Fall wäre, sondern, dass ihm die zur Verteidigung nötigen Stoffe von außen zugeführt werden. Leider traten nicht selten Unverträglichkeiten auf, die durch die artfremden Eiweißmoleküle ausgelöst wurden. Heute geht man dazu über, diese Antikörper durch in Zellkultur hergestellte Immunglobuline zu ersetzen, die von den entsprechenden, „unsterblich“ gemachten Immunzellen produziert werden. Diese Antikörper nennt man monoklonal, sie entstammen einer einzigen Zelllinie mit identischen Zellen, dem so genannten Klon. Monoklonale Antikörper werden außerdem zu diagnostischen Zwecken, wie etwa zur Blutgruppenbestimmung, eingesetzt.

Menschliche Immunglobuline für menschliche Immunsysteme

Entscheidende Vorteile gegenüber tierischen Immunglobulinen haben auch die Human-Immunglobuline, also Antikörper, die aus dem Blut oder Plasma immunisierter Spender gewonnen werden. Diese Antikörper sind länger wirksam als tierische, sie werden vom menschlichen Körper wesentlich langsamer abgebaut. Auch die Verträglichkeit ist besser: Die Gefahr, eine allergische Reaktion auszulösen, ist gering. Besondere Bedeutung kommt den Human-Gammaglobulin zu, das zur Prophylaxe von Viruserkrankungen, beispielsweise Hepatitis A, und zur Therapie von schweren Infektionen eingesetzt wird, um die körpereigene Immunabwehr zu unterstützen. Dieses vielseitige Immunglobulin enthält ein sehr breites Spektrum gegen viele virale und bakterielle Oberflächenstrukturen.

Aber auch die Gewinnung von Immunglobulinen, die vor einer bestimmten Erregerart schützen, ist möglich. Anti-Tollwut-, Anti-Tetanus- und Anti-Hepatitis B-Seren stehen hier für einige der bevorzugten Anwendungsgebiete. Diese Antikörper werden aus dem Blutplasma von Patienten gewonnen, die zuvor mit abgeschwächten oder inaktiven Erregern, bzw. mit einem inaktivierten Bakteriengift geimpft worden sind, um selbst genügend Antikörper zu bilden.

Quelle: Edelman