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Gammaglobulin

MedPort - Fachbereiche - Infektiologie - Gammaglobulin
 
  
 
 

Der Einsatz von Immunglobulinen in der Therapie vielfältiger Erkrankungen sowie in der Infektionsprophylaxe hat eine lange Tradition. Bereits vor mehr als hundert Jahren veröffentlichte Emil von Behring, der damals als Assistent von Robert Koch am renommierten Hygienischen Institut in Berlin tätig war, gemeinsam mit Shibasaburo Kitasato eine bahnbrechende Abhandlung mit dem Titel „Über das Zustandekommen der Diphtherie-Immunität und der Tetanus-Immunität bei Thieren“. Dieser Beitrag revolutionierte die Medizin – und machte Emil von Behring zu einem berühmten Mann. Seine Entwicklung eines Tetanus- und Diphtherie-Heilserums markiert den Beginn des Siegeszuges über zwei Krankheiten, die schon seit dem Altertum bekannt waren. Emil von Behring wurde geadelt und erhielt 1901 den ersten Nobelpreis für Medizin. Das Preisgeld investierte er in den Aufbau eigener Laboratorien in Marburg, aus denen später die Behringwerke hervorgehen sollten.

Emil vom Behrings Revolution

Von Behring erkannte, das es möglich war, Bakteriengifte durch so genannte Antitoxine zu neutralisieren, d. h. durch Antikörper gegen diese Giftstoffe. Er wies nach, dass diese Antitoxine frei im Serum vorkommen und nicht von Blutzellen getragen werden. Der Ansatz des Wissenschaftlers, sich bei der Bekämpfung von Infektionen nicht auf die chemische Erregervernichtung zu konzentrieren, sondern die körpereigenen Verteidigungsstrategien zu erforschen und diese für eine Therapie zu nutzen, eröffnete völlig neue Perspektiven in der Welt der Medizin und legte den Grundstein für die moderne Immunologie. Die meist aus Tierblut gewonnenen Immunglobuline hatten trotz gelegentlicher Unverträglichkeiten nicht die schwerwiegenden Nebenwirkungen der in dieser Zeit eingesetzten chemischen Substanzen, die oftmals nicht nur für die Erreger, sondern auch für den menschlichen Körper giftig waren.

Immunglobuline heute

Die Unterstützung des Immunsystems im Kampf gegen Infektionen ist heutzutage aus der Praxis der Mediziner nicht mehr wegzudenken. Ob dabei spezifische Antikörper zur gezielten Abwehr eines bestimmten Erregers zum Einsatz kommen, oder ob man eher eine allgemeine Unterstützung des Immunsystems anstrebt, hängt von der Indikation sowie der Art der Infektion ab. Ist der Erreger bekannt, und verfügt man über ein passendes Immunglobulin, wird man die Erkrankung mit diesem Antikörper verhindern. Wird aber ein – wodurch auch immer verursachtes – nicht voll leistungsfähiges oder überfordertes Immunsystem diagnostiziert, bietet sich eine umfassendere Immun-Unterstützung an, beispielsweise durch so genannte Gammaglobuline. Der Name „Gammaglobulin“ hat seinen Ursprung in dem komplizierten Aufreinigungsprozess, den die Eiweißmoleküle nach ihrer Gewinnung aus dem Blutplasma durchlaufen müssen. Das Ausgangsmateral für unspezifische Immunglobuline bildet ein aus mindestens 1000 Blutspenden gewonnener Spendenpool. Die Isolation der gewünschten Antikörper mündet in einer bestimmten Fraktion, der so genannten „Gamma“-Fraktion. Sie besteht aus sehr wirksamen Immunglobulinen oder Antikörpern mit einem breiten Spektrum gegen viele virale und bakterielle Antigene, den Gammaglobulinen. Den Hauptanteil bilden dabei die Antikörper des IgG-Typs, die im menschlichen Körper in größerer Menge als alle anderen Immunglobuline gebildet werden. Bei einem erneuten Kontakt mit dem Erreger entsteht fast ausschließlich Immunglobulin dieses Typs. Angewendet werden sie in erster Linie zur Prophylaxe bzw. zur Therapie von Virusinfektionen (z. B. Hepatitis A und Masern) sowie bei angeborenem oder erworbenem Antikörpermangel. Die Injektion erfolgt in die Vene oder in das Muskelgewebe, hier sind die Immunglobuline des IgG-Typs sehr gut verträglich. Aus menschlichem Blut gewonnene Immunglobuline werden sehr sorgfältig von den restlichen Blutbestandteilen befreit, eine hohe Qualität und Reinheit wird garantiert. Verunreinigungen mit Krankheitserregern oder anderen Fremdstoffen können nach menschlichem Ermessen durch die Methode der Immunglobulin-Gewinnung sowie durch die anschließend durchgeführte, sorgfältige Prüfung in umfangreichen Testreihen ausgeschlossen werden.

Gammaglobuline werden in der Klinik seit Jahrzehnten zur Immununterstützung verabreicht. Die durchweg positiven Erfahrungen, der rasche Therapieerfolg sowie die gute Verträglichkeit bestätigen auch heute noch die von Emil von Behring entwickelten Theorien und zeigen die Bedeutung seines Vermächtnisses.

Quelle: Edelman