Durchgangssyndrom

Durchgangssyndrom beschreibt eine psychische und soziale Problematik, die oft im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen, besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, auftritt. Es handelt sich dabei um einen Zustand, in dem eine Person Schwierigkeiten hat, sich vollständig von ihrer Kindheit oder von einer bestimmten Lebensphase zu lösen und in die nächste, erwachsenere Phase überzutreten. Dies kann zu einer Reihe von Herausforderungen führen, sowohl für die betroffene Person als auch für ihr Umfeld.

Ursprung und Entstehung des Begriffs

Der Begriff „Durchgangssyndrom“ stammt ursprünglich aus der Psychologie und Sozialwissenschaften und bezieht sich auf die Schwierigkeiten, die ein Individuum beim Übergang von einer Lebensphase in eine andere erleben kann. Besonders deutlich wird dies im Jugendalter, wenn der Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter mit verschiedenen Erwartungen, Verantwortlichkeiten und sozialen Anforderungen verbunden ist.
Es handelt sich um eine Form der Identitätskrise, bei der die betroffene Person sich mit der Frage auseinandersetzt, wer sie ist, wie sie sich in der Gesellschaft positioniert und wie sie ihre Zukunft gestalten möchte. Der Begriff „Durchgang“ verweist dabei auf den Übergang von einer alten Identität zu einer neuen, wobei die betroffene Person sich nicht vollständig von der alten Welt verabschieden kann.

Psychische und soziale Symptome des Durchgangssyndroms

Das Durchgangssyndrom kann sich auf verschiedene Weisen manifestieren, sowohl im psychischen als auch im sozialen Bereich:
  • Unklarheit über die eigene Identität: Betroffene haben oft Schwierigkeiten, ihre Rolle in der Gesellschaft zu erkennen und zu akzeptieren. Sie fühlen sich in einer „Zwischenphase“, weder vollständig erwachsen noch in der Kindheit verankert.
  • Unentschlossenheit bei Lebensentscheidungen: Es fällt schwer, sich für eine Richtung im Leben zu entscheiden – sei es in Bezug auf Beruf, Beziehungen oder persönliche Ziele. Diese Unentschlossenheit kann zu Ängsten und Unsicherheiten führen.
  • Konzepte von Selbstverwirklichung und Unabhängigkeit: Eine zentrale Herausforderung im Rahmen des Durchgangssyndroms besteht darin, sich von den Eltern oder anderen Bezugspersonen zu emanzipieren. Der Wunsch nach Unabhängigkeit steht oft im Konflikt mit der Sorge, noch nicht bereit zu sein, die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen.
  • Soziale Isolation oder Konflikte: Die Schwierigkeiten, sich in die Gesellschaft einzufügen oder den eigenen Platz zu finden, können zu Konflikten mit anderen Menschen führen. Jugendliche oder junge Erwachsene, die unter dem Durchgangssyndrom leiden, ziehen sich manchmal zurück oder haben Schwierigkeiten, stabile soziale Beziehungen zu pflegen.
  • Emotionale Instabilität: Stimmungsschwankungen, Antriebslosigkeit oder auch übermäßige Euphorie können in dieser Übergangsphase häufig vorkommen. Diese emotionalen Achterbahnfahrten können das tägliche Leben erschweren.

Ursachen des Durchgangssyndroms

Es gibt mehrere Faktoren, die zur Entstehung eines Durchgangssyndroms beitragen können. Dazu gehören unter anderem:
  • Gesellschaftliche Erwartungen: In vielen Kulturen gibt es klare Vorstellungen davon, was der Übergang vom Jugendlichen zum Erwachsenenalter umfasst – wie etwa der Einstieg ins Berufsleben oder die Gründung einer eigenen Familie. Wenn eine Person das Gefühl hat, diesen Erwartungen nicht gerecht zu werden oder sie noch nicht erfüllen zu können, kann dies zu inneren Konflikten und Verunsicherungen führen.
  • Familiäre Umstände: Eine familiäre Struktur, die eine starke Bindung zwischen den Generationen aufrechterhält, kann dazu führen, dass es schwierig wird, sich von den Eltern zu lösen. Andererseits können belastende familiäre Verhältnisse, wie etwa ein Verlust der Eltern oder eine schwierige Kindheit, die Entwicklung der eigenen Identität ebenfalls behindern.
  • Individuelle psychische Merkmale: Persönliche Unsicherheiten, Ängste oder eine geringe Selbstwahrnehmung können den Übergang erschweren. In einigen Fällen können auch frühere Traumata oder Erfahrungen von Missbrauch das Gefühl verstärken, nicht in die erwachsene Welt hineinzufinden.
  • Kulturelle und wirtschaftliche Einflüsse: Die Zeiten, in denen junge Erwachsene aus dem Elternhaus ausziehen und schnell eigenständig werden mussten, sind in vielen Gesellschaften passé. In der heutigen Zeit, vor allem in industrialisierten Ländern, verzögert sich dieser Übergang oft aufgrund wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Gegebenheiten, wie etwa der Notwendigkeit, längere Bildungswege zu absolvieren oder der Schwierigkeit, einen Arbeitsplatz zu finden.

Behandlung und Unterstützung

Das Durchgangssyndrom erfordert keine medizinische Behandlung im klassischen Sinne, da es sich nicht um eine Krankheit handelt, sondern vielmehr um einen Entwicklungsprozess. Allerdings gibt es verschiedene unterstützende Maßnahmen, die helfen können, die Schwierigkeiten in dieser Übergangszeit zu überwinden:
  • Psychologische Unterstützung: Eine Psychotherapie, insbesondere in Form von Gesprächstherapie, kann hilfreich sein, um die eigenen Ängste und Unsicherheiten zu bearbeiten und die Identität zu stärken. Hierbei können psychologische Fachkräfte wie Psychologen oder Psychotherapeuten eine wichtige Rolle spielen.
  • Mentoring und Beratung: Mentoren oder Beratungsdienste, die sich auf junge Erwachsene spezialisieren, können Orientierung bieten und bei der Entscheidungsfindung unterstützen. Sie helfen dabei, den Übergang in die Erwachsenenwelt zu erleichtern und konkrete Lebensziele zu entwickeln.
  • Stärkung der sozialen Netzwerke: Der Austausch mit Gleichgesinnten, die sich in einer ähnlichen Lebenssituation befinden, kann den Prozess der Selbstfindung und der sozialen Eingliederung erleichtern. Hier können auch Gruppenangebote, Workshops oder Selbsthilfegruppen nützlich sein.
  • Förderung von Eigenverantwortung: Eine unterstützende und dennoch selbstbestimmte Lebensweise kann helfen, das Gefühl der Kontrolle zurückzugewinnen. Dies kann durch das Erlernen praktischer Fähigkeiten und die Übernahme von Verantwortung in alltäglichen Situationen geschehen.