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Die Bekenntnisse des Fleischessers Pascal K. |
MedPort - Kommentare - Die Bekenntnisse des Fleischessers Pascal K. |
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Um es vorweg zu nehmen: Ich liebe Fleisch! Ich gehöre nicht zu denen, die beim Anblick eines Steaks an große runde Tierkinderaugen denken müssen. Doch etwas anderes sollte eines Tages meinen Genuß trüben. Zuerst waren es die Belgier mit Ihren Dioxin-Hühnern. Na gut, dachte ich mir damals: Esse ich eben nichts mehr mit Federn. Eine gute Rinderroulade ist ja auch nicht zu verachten.
Doch die Freude währte nur kurz und BSE kam ins Land. Rouladen ade! Aber ein Schweinsteak, ein Schweinesteak ist auch was feines. Antibiotikaskandal und Schweinepest folgten auf dem Fuße und ließen jeden Genuß im Keim ersticken. Je nun, dachte ich, Schaf ist ja auch lecker. Mmmh, mit grünen Bohnen und Speck. Die Maul- und Klauenseuche zerstörte auch diese Idee schon wenige Wochen später.
Pferd mag ich nicht und Wild ist teuer und schon fast ausgerottet, so kam ich auf die rettende Idee: FISCH! Fisch ist obendrein noch sehr gesund, viel Eiweiß oder so. Ich aß Fisch in allen Varianten: gebraten, gekocht, gebacken, gedünstet, roh, gegrillt. Ich lebte eine Weile glücklich und zufrieden, bis die ersten Alpträume kamen: Ich sah Ölteppiche auf den Ozeanen und Millionen toter Fische, die kieloben auf dem Wasser trieben. Ich fing an, Vorräte anzulegen. Jeder vefügbare Quadratmeter in meiner Wohnung wurden von riesigen Kühltruhen belegt. Ich hortete Fisch für mehrere Jahre, doch meine Ängste wollten nicht weichen. Was, wenn Fisch so knapp wird, daß in Berlin keiner mehr zu kaufen ist?
Ich zog ans Meer und suchte mir eine Wohnung in Hafennähe. Ich kaufte Fisch kutterweise. Meine Vorräte konnte ich günstig in einem alten Hafenspeicher lagern. Ich schätzte, daß ich 3 Jahre mit meinen Reserven leben konnte. Doch meine Alpträume hörten nicht auf. Immer wieder wachte ich schweißgebadet auf und beruhigte mich erst wieder, wenn ich mehrere Zentner Fisch auf dem Markt gekauft hatte.
Doch auch das reichte mir irgendwann nicht mehr und heuerte auf einem Fischtrawler an. Die Vorstellung immer in unmittelbarer Nähe der letzten Fischvorkommen dieser Erde zu sein, sollte mir vorerst Beruhigung verschaffen. Doch gestern wachte ich aus unruhigem Schlaf in meiner Koje auf. Ich erbrach meine letzte Mahlzeit, natürlich Fisch. Allein die Vorstellung noch einen einzigen Fisch in meinem Leben essen zu müssen, erzeugte in mir eine derartige Übelkeit, daß ich erneut würgen mußte.
Nun sitze ich auf dem Deck, habe dienstfrei, lasse mir die Sonne auf den leeren Bauch scheinen und erschaudere vor jedem Gedanken an die Zukunft. Werde ich jetzt Vegetarier? Kaufe ich demnächst meine Lebensmittel im Bioladen? Muß man dafür einen Strickpullover tragen? Werde ich auch bald so fahl und verhärmt aussehen, wie die, wie von unsichtbaren Mächten dirigierten Kolonnen graugesichtiger aber sehr überzeugt dreinblickender Müslis, die die nächste Einkaufskooperative ansteuern?
Dann doch lieber Creutfeld-Jakob, oder?
Pascal Kaufmann
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